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"Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge"

Marie berichtet

Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als ich die Nachricht von Wadadee Cares erhalten habe, dass ich mein Praktikum in Namibia machen kann. Es war schon lange mein Traum gewesen, nach Afrika zu reisen und daher war ich super erleichtert. Ich hatte mich dazu entschieden, im Rahmen meines Studiums der Sozialen Arbeit, mein Praxissemester für 5 Monate im Ausland zu verbringen und bin dann auf die Organisation gestoßen, die mich direkt angesprochen hat. Lange Zeit hatte ich mich auf das Auslandssemester vorbereitet und viel Geld dafür gespart. Als ich also in Frankfurt in den Flieger gestiegen bin und es endlich los ging, konnte ich mir kaum vorstellen, was mich dort erwartet.

Mein Ankunftstag im Wadadee House ist mir immer noch sehr gut in Erinnerung: Als ich nach meinem 10 Stunden Flug ankam wurde ich direkt mit dem Alltag dort konfrontiert. Eine andere Volontärin hat sich überhaupt nicht wohlgefühlt in ihrem Projekt, weshalb ich nun spontan für sie das Projekt übernehmen sollte. Natürlich hatte ich dann erstmal Respekt und war ziemlich gespannt, was mich dort erwartet. Im Nachhinein war es das Beste, was mir passieren konnte und ich bin unglaublich froh, diese Aufgabe übernommen zu haben: Ich habe in dem Kindergarten Naras gearbeitet, in dem ich als Volontär für die Vorschulklasse zuständig war. In der Klasse waren 25 Kinder im Alter von 5 Jahren, die sehr lebendig und aufgeweckt waren. Der „!Nara’s Kindergarden“ wurde von einer Einheimischen Frau in ihrem Vorgarten gegründet, da viele Kinder in ihrer Nachbarschaft nicht in die Schule gehen können. Gemeinsam mit der Hilfe ihrer Familie und der Unterstützung einer deutschen Lehrerin sowie den Volontären von Wadadee Cares hat sie dort für Rund 80 Kinder einen Ort zum Spielen und Lernen aufgebaut. Besonders am Anfang war es eine besondere Aufgabe, die Kinder in den Unterrichtsphasen ruhig zu bekommen und mit ihnen konzentriert zu lernen. Schon in den ersten Tagen ist mir aufgefallen, dass den Kindern ganz klar eine geregeltere Struktur und ein Ausgleich fehlt, weshalb ihnen die Konzentration oft sehr schwerfällt. Genau da habe ich mit meinem Projekt angesetzt, was ich für die Uni durchführen musste: Ich habe einen strukturierten Tagesablauf erstellt, den ich mit den Kindern Tag für Tag wiederholt habe. Dabei habe ich die Unterrichtsphasen klar von Spielphasen abgegrenzt und in den Pausen versucht dafür zu sorgen, dass die Kinder sich austoben um somit im Unterricht konzentrierter arbeiten können. Ich habe deshalb ein Morgenritual eingeführt, in dem ich mit den Kindern vor dem Unterrichtsbeginn rausgegangen bin und mit ihnen zu Musik ein Warm-up Programm gemacht habe. Für die zweite große Pause habe ich Bälle gekauft und den Kindern verschieden Ballspiele gezeigt, damit sie sich in den Pausen mehr bewegt haben und sich die Spielsituation mit ausschließlich zwei Schaukeln ausgleicht. Mit der Zeit haben die Kinder sich sehr gut an die Strukturen gewöhnt und der Unterricht hat von Tag zu Tag besser funktioniert.

Außerdem habe ich selbst gemerkt, wie ich immer sicherer im Unterricht wurde und diese Aufgabe, die für mich eine völlig neue Erfahrung war, besser meistern konnte. Mir hat besonders gut gefallen, dass ich sehr selbstständig und frei arbeiten konnte und sowohl die Unterrichtsvorbereitung als auch der Unterricht allein meine Aufgaben waren. Ich habe daher zu jedem Buchstaben des Alphabets ein Arbeitsblatt erstellt und den Kindern so versucht, das ABC näher zu bringen. Bei Fragen und Problemen konnte ich die Einheimische Lehrerin immer um Hilfe bitten. Jeden Morgen aufs Neue habe ich mich auf die Arbeit mit den Kindern gefreut und es war besonders schön zu sehen, dass viele der Kinder am Abschluss des Schuljahres das ABC gelernt haben. Neben den Kindern hat man auch zu den Mitarbeitern der Vorschule eine freundschaftliche Beziehung aufbauen können und ich konnte von ihrer Arbeit mit den Kindern viel lernen. Am Ende meiner Zeit, was gleichzeitig auch das Ende des Schuljahres für die Kinder war, habe ich mit ihnen einen Ausflug zur Okapuka-Ranch gemacht, was wir von gesammelten Spendengeldern finanzieren konnten. Das war ein toller Abschluss und für viele der Kinder das erste Mal, dass sie wilde Tiere wie Giraffen oder Nashörner sehen konnten.

Neben der Arbeit im Naras bin ich an drei Nachmittagen in der Woche noch in das Hope-Village gegangen, um den Kindern dort bei den Hausaufgaben zu helfen oder mit ihnen zu spielen. Die rund 90 Kinder und Jugendlichen dort sind sehr offen und freuen sich immer, wenn sie jemand besuchen kommt und Zeit mit ihnen verbringt. Für mich waren die Stunden dort eher wie Freizeit, ich habe mit den Kindern oft getanzt oder Spiele gespielt. Bei so vielen Kindern wusste man nie genau, was auf einen zukommt- so wurde es nie langweilig und es gab immer etwas zu tun. Auch hier hat mir besonders gut gefallen, dass man so selbstständig arbeiten konnte und daher habe ich auch gemerkt, wie man mit der Zeit immer kreativere Ideen hatte. Am Ende der Zeit habe ich mit den Kindern dort auch einen Ausflug in das Schwimmbad gemacht, was für die Kinder ein Highlight war, da sie nur selten das Heim verlassen. Der Ausflug konnte auch durch Spendengelder finanziert werden, die ich mit Hilfe meiner Familie und Freunde sammeln konnte.

Es gab außerdem immer wieder verschiedene Aktionen, bei denen man neben der Arbeit mithelfen konnte: Zum einen konnte ich bei den Renovierungsarbeiten des iNamis helfen, das aufgrund von Schwierigkeiten in ein neues Haus gezogen ist. Außerdem gab es verschiedene Anstreich- und Aufräumaktionen sowie den Bau eines Klettergerüstes bei Monicas Soupkitchen und das Anlegen eines Gemüsegartens. Ich fand es auch sehr schön, dass man sich jederzeit auch die anderen Projekte anschauen konnte und daher einen sehr vielfältigen Blick über die Arbeit bekommen hat. Man sollte sich bei seiner Arbeit allerdings bewusst darüber sein, dass neben den Kosten für die Unterkunft auch tägliche Fahrtkosten zu den Projekten anfallen, die man selbst übernimmt. Für Kosten, die innerhalb des Projektes anfallen, konnte man nach Absprache immer auf verschiedene Spendengelder zurückgreifen, was ich sehr hilfreich fand, um verschiedene Aktionen durchzuführen.

Neben der Arbeit war bei Wadadee auch sonst so einiges los: Zunächst waren für mich die verschiedene Trips ein super Ausgleich zu der Arbeit. Ich habe so viele schöne Orte gesehen, die ich mir niemals hätte erträumen können. Hierbei war es auch immer sehr gut, dass man die Arbeit mit den Trips gut vereinbaren konnte und man das mit Lena absprechen konnte. Das Zusammenleben im Wadadee House war insgesamt auch sehr positiv und entspannt. Mit so vielen Menschen wurde es nie langweilig und es wurde zusammen gefeiert, gekocht oder sonstiges unternommen. Für mich war es schade, dass zu meiner Zeit nur selten internationale Gäste dort waren, sondern hauptsächlich deutsche Volontäre, da ich die Erwartung hatte, in meinem Auslandssemester viele Menschen aus aller Welt zu treffen. Dennoch hat die gemeinsame Sprache auch vieles erleichtert und die Zusammenarbeit sowie das Zusammenleben war angenehm, wodurch man sich nie allein gefühlt hat.

Besonders gut hat mir an der Unterkunft die Lage gefallen, weil das Gästehaus anders als andere Hostels nicht in der Innenstadt liegt, sondern im Armenviertel Katutura, dort wo auch die Projekte sind. Dadurch hat man einen viel besseren Einblick in das Leben der Menschen bekommen und hat nicht nur die touristische Seite Namibias kennengelernt. Die Menschen der Nachbarschaft sind einem stets sehr freundlich begegnet und man hat sich sehr willkommen gefühlt. Mit der Zeit hat sich das Bewusstsein für die immer noch vorhandenen Unterschiede verschiedener Rassen und Hautfarben deutlich gestärkt, da man durchaus als Weißer in Katutura eine Ausnahme ist. Dieser Unterschied und die immer noch vorhandenen Vorurteile sind mir in Deutschland nie so deutlich geworden und ich denke, dass mir dies auch in vielen Situationen Zuhause in Erinnerung bleibt. Der Aspekt der Sicherheit war durchaus auch ein wichtiges Thema und ich musste mich vor allem Anfang daran gewöhnen, nicht wie in Deutschland einfach auf die Straße zu gehen ohne jegliche Bedenken. Aber auch hieran hat man sich schnell gewöhnt und ich habe mich zu keinem Zeitpunkt unwohl oder unsicher gefühlt.

Insgesamt kann ich sagen, dass die Zeit bei Wadadee Cares für mich eine großartige Erfahrung war, die ich nicht vergessen werde. Ich habe so viel dazu gelernt, sei es für mein Studium oder einfach für mich selbst. Wer als Volontär selbstständig Ideen einbringen, sich engagieren möchte und Lust hat zu helfen, der ist hier genau richtig. Natürlich gibt es auch, wie überall, Dinge, die nicht immer gut laufen und man findet immer etwas, was einen stört. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass man aus seiner Zeit hier das Beste macht und selbst dafür verantwortlich ist, wie man diese Zeit gestaltet. Ich fahre nun, nach fünf Monaten voller neuer Erfahrungen, zurück nach Deutschland und gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich bin mir sicher, dass ich an all die Dinge in Namibia noch lange Zeit denken werde und bin gleichzeitig sehr dankbar, eine solche Zeit bei WadadeeCares erlebt zu haben. Vor allem aber hoffe ich, dass ich den Kindern der !Nara’s Vorschule einen guten Start in ihr Schulleben ermöglichen konnte und dass für sie, mit Hilfe von Wadadee Cares und vielen weiteren Helfern, eine gute Zukunft bereitsteht.

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